"PR für Freiberufler" von Daniel Fitzke
Redakteure entsorgen täglich tonnenweise Informationsmüll. Ein Glück für die Leser! Damit die Pressemitteilungen von Experten aber nicht das gleiche Schicksal ereilt, verrät Daniel Fitzke in PR für Freiberufler, worauf diese genau achten müssen. Stichworte: Relevanz und der richtige Aufhänger. Aber welche Themen sind denn nun wirklich relevant und von öffentlichem Interesse?
Eigentlich kann sich diese Frage jeder selbst beantworten. Wir alle sind Medienkonsumenten. Was relevant ist, bekommen wir täglich zu sehen, zu hören und zu lesen. Bei der Zeitungslektüre, beim Radiohören und beim Ansehen von Nachrichtensendungen oder Magazinen erfahren wir, was die Gesellschaft und das Publikum beschäftigt. Wer zur aktuellen Debatte einen Beitrag leisten kann, hat Chancen, als Expertin oder Interviewpartner Gehör zu finden.
Was trendet bei Twitter?
Wer keine Zeit hat, selbst nach aktuellen Themen zu suchen, oder den Aufwand scheut, kann online und in Echtzeit nachsehen, was Stadt, Land und die Welt bewegt. Ein eigener Twitter-Account hat den Vorteil, dass die neuesten Trends direkt sichtbar sind. Im Portal wird standardmäßig angezeigt, welche Hashtags in dem Land trenden, in dem der Nutzer lebt zum Beispiel: #europawahl2019. Es können aber auch andere Länder, Städte oder maßgeschneiderte Trends mit einer feineren Lokalisierung voreingestellt werden.
Was wird gegoogelt?
Google Trends zeigt die aktuellen Suchanfragen weltweit und im Land der Wahl unter der Adresse trends.google.com (oder der jeweiligen Länderadresse). Was beschäftigt die Menschen gerade? Wonach suchen sie? Wie viele Suchanfragen gibt es aktuell zu einem Thema? Google sagt es uns. Die Megatrends erscheinen auf der Startseite. Eine Sucheingabe erlaubt es, die Beliebtheit bestimmter Begriffe nachzuvollziehen. Die Suche lässt sich sogar auf einzelne Regionen herunterbrechen.
Die Welle der News reiten
Agendasurfing heißt, auf der Welle der aktuellen Nachrichten und Trends zu reiten. Das klingt komplizierter, als es ist. Natürlich geben nicht jede Nachrichtenlage und nicht jeder Trend im Internet etwas her, um daraus im eigenen Sinne Geschichten zu kreieren. Es hat auch keinen Sinn, das Tagesgeschehen durch mutige Interpretation so zurechtzubiegen, dass es zu den eigenen Themen und Angeboten passt. Aber mit etwas Beobachtung, ein bisschen Planung, dem richtigen Gespür für Themen und manchmal einer ordentlichen Portion Glück können sich Türen öffnen. Dann gilt es nur noch, beherzt durchzugehen. Das gilt auch für unsere Freiberufler-Personas aus dem letzten Kapitel. Schauen wir doch einmal, wie sie die mediale Agenda für sich nutzen:
Wieder einmal ist in den Nachrichten zu hören und zu lesen, dass ein großer amerikanischer Internetkonzern in Deutschland Rekordgewinne eingefahren hat. Durch komplizierte, international verflochtene Konzernstrukturen hat er ebenfalls im rekordverdächtigen Maße Steuern vermieden.
Unser Steuerberater Jörg Resch ist zwar kein besonders emotionaler Typ, aber so etwas macht ihn wütend. Seine mittelständischen Mandanten haben eine unverhältnismäßig höhere Abgabenlast zu tragen als der Internetriese. Würden sich alle so ihrer Verantwortung entziehen, würde unser Gemeinwesen zusammenbrechen, so seine These. Er setzt sich an den Schreibtisch und rechnet nach. Was würden seine Mandanten noch an Steuern bezahlen, wenn sie dieselben Schlupflöcher nutzen könnten wie der US-Konzern? Was würde am Ende für Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein übrigbleiben? Was für das Land? Wie sähe die Finanzierung von Schulen, Kindergärten und Hochschulen aus?
Er schreibt ein paar kurze Zeilen mit wesentlichen Fakten zusammen. Darüber setzt er die Überschrift: „Der Mittelstand trägt die Last der Verantwortung“. Am nächsten Arbeitstag beauftragt er seine persönliche Assistentin, Kontakt mit einer Lokalzeitung und der Redaktion der Mitgliederzeitschrift der IHK aufzunehmen. Ziel ist ein Interview oder ein Gastkommentar.
Jörg Resch hat spontan ein aktuelles Thema aufgegriffen, das die Menschen und die Medien gerade bewegt. Damit hat er gute Chancen, im Rahmen der gesellschaftlichen Debatte Gehör zu finden.
Anlassbezogene Medienarbeit und aktives Themenmanagement
Das Medienjahr ist voll von routinemäßig wiederkehrenden Anlässen, die PR-Schaffende für sich nutzen können. Das Jahr beginnt mit einer Bilanz, wie viel Feuerwerk verballert wurde, und mit Mutmaßungen und Prognosen zu allem Möglichen. Alles unter dem Motto: „Was das neue Jahr uns bringen wird.“ Früher oder später geht es um Erkältungen und Grippeviren, was der Unterschied zwischen beidem ist, wie man sich schützen kann und was hilft, wenn es einen doch erwischt hat.
Zu Ostern sind Tipps rund ums Osterei angesagt – kochen, färben, lagern, haltbar machen. Dazu gibt es Hintergründiges über Osterhasen; man geht der Frage nach, warum wir zu Ostern Eier verschenken und vielleicht gibt es noch etwas zum Ende der Fastenzeit nach dem Motto: „Haben sie in den letzten sechs Wochen auch auf etwas verzichtet?“ Zu Frühlingsanfang und den Eisheiligen beschäftigt alle Welt das Wetter und seit über vierzig Jahren geht es Ende März um Sinn und Unsinn der Umstellung der Uhren auf die Sommerzeit. Das wird sich auch so schnell nicht ändern, denn nach der Abschaffung wird es um die Erfahrungen mit der Abschaffung gehen und um die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, ganz auf Winterzeit umzustellen statt auf Sommerzeit oder umgekehrt.
Um es kurz zu machen: Im November beginnen die Jahresrückblicke. Zu Weihnachten gibt es Geschenktipps und nach Weihnachten beginnt die Diskussion, ob es sinnvoll ist, so viel Feuerwerk einzukaufen. Es folgen Warnhinweise im Umgang mit Feuerwerkskörpern, Tipps, wie das Haustier heil durch die Silvesternacht kommt, und irgendwas mit Bleigießen. Und natürlich ist jetzt die Zeit der guten Vorsätze.
Saisonale Anlässe nutzen
Was hier etwas launig klingt, ist alljährliche Routine in den Redaktionen. Für die PR-Arbeit bieten sich zahlreiche saisonale Anlässe.
Unser Heilpraktiker Arndt Hernkotte findet sie beispielsweise in der Erkältungssaison oder kann zum Frühlingsanfang etwas zur Frühjahresmüdigkeit bringen. Je origineller das Thema aufbereitet ist, desto größer sind die Chancen, in der alljährlichen Routine die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen.
Neben der rein saisonalen Berichterstattung gibt es zahlreiche Gedenk-, Jahres und Aktionstage, die einen festen Platz in den Redaktionskalendern haben. Irgendwann zwischen Ende März und Ende April lädt der Girl’s Day junge Mädchen dazu ein, Praxiserfahrungen in einem sogenannten Männerberuf zu sammeln. Neben Mädchen, Mathe, MINT-Berufen geht es dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit auch um Chancengleichheit und gerechte Entlohnung.
Rechtsanwältin Dr. Anna Sebus sollte den Tag frühzeitig recherchieren und im Kalender markieren. Es ist für sie die zweitbeste Steilvorlage des Jahres. Die beste findet sich kurz davor: Meist um Mitte März ist Equal Pay Day. Mit schrumpfendem Gender Pay Gap kann der Tag aber auch früher an den Jahresanfang rücken, denn der Aktionstag will darauf aufmerksam machen, dass Frauen bis zu diesem Tag, rechnet man die Lohnunterschiede entsprechend um, sozusagen umsonst arbeiten, während ihre männlichen Kollegen bereits ab 1. Januar bezahlt werden. Eine Mission für Anna Sebus. Ihr Themenangebot an eine Redaktion könnte lauten: „Am 1. Januar 2029 ist Equal Pay Day!“
Übung: Journalistische Anlässe im Jahreslauf
Überlegen Sie sich, welche Anlässe der Jahresverlauf für Ihre Medienarbeit bietet:
- Gibt es saisonale Themen, die für Sie relevant sind?
- Zu welchen Jahres-, Gedenk oder Aktionstagen können Sie etwas beisteuern?
- Wann ist Ihr „Equal Pay Day“?
Tragen Sie sich die Tage in Ihren Kalender ein!
Der Autor
Daniel Fitzke ist Kommunikationsmanager und Betriebswirt mit langjähriger Erfahrung als Kommunikationsberater, Pressesprecher und PR-Redakteur. Als Berater, Trainer und Coach begleitet er Menschen und Unternehmen bei der Entwicklung eines prägnanten Profils und bei der Vermittlung klarer Botschaften – von der Positionierung und Strategieentwicklung bis zur operativen Umsetzung. Dabei reicht sein Erfahrungsschatz von der Arbeit für Großkonzerne über mittelständische Unternehmen aus Dienstleistung, Industrie und Handwerk bis hin zur Begleitung von Freiberuflern und Solo-Unternehmern. In Seminaren, Workshops und unterhaltsamen Vorträgen gibt er sein umfangreiches Wissen über die strategische und operative PR-Arbeit weiter. 2018 ist mit „30 Minuten Schreibblockaden lösen“ sein erstes Buch im GABAL Verlag erschienen.