"Innovativ mit interkulturellen Teams" von Connie Voigt

Mitarbeiter sind in einer Wissensgesellschaft mehr als Arbeitskräfte. In interkulturellen Kooperationen sind sie als Wissensträger eine unschätzbar wertvolle Ressource. Und Vertrauen ist das entscheidende Kriterium für bedingungslosen Know-how-Transfer in Teams und Projektgruppen. Wie dieses Vertrauen entsteht, lesen Sie im Auszug aus Connie Voigts Praxisbuch Innovativ mit interkulturellen Teams.

Der besondere Stellenwert von Vertrauen

Wissen ist im beruflichen Kontext ein wertvolles Gut. Denn Wissen bedeutet Macht Vorsprung und kann von Einzelnen als mögliches positives Alleinstellungsmerkmal ausgespielt werden Wer sich dessen bewusst ist, überlegt sorgfältig, mit wem er sein Wissen teilt. Denn mit der Weitergabe ihres Wissens verlieren Mitarbeitende ihr unter Umständen einzigartiges Wissen und ihr individueller Wert als menschliche Ressource im Sinne des Human Ressource Managements verliert möglicherweise an einzigartigem Wert.

Nur wer bereit ist, für das große Ganze eines Unternehmens tätig zu sein, ist auch bereit, das große Ganze freiwillig und motiviert mit diesem Wissen zu versorgen. Diese Einstellung erfordert zwei Sorten von Vertrauen: Das eine ist persönliches bzw. interpersonelles Vertrauen in alle Mitarbeitenden, in die Teammitglieder inklusive Vorgesetzter und in die Projektgruppenmitglieder. Das andere ist Vertrauen in die Organisation, das Unternehmen oder eine Institution, sogenanntes institutionelles Vertrauen.

Wenn Sie als Leser nun bereits überlegen, wie das an Ihrem Arbeitsplatz aussieht mit diesem Vertrauen, dann ist das gut so. Denn es ist ein konkretes Anliegen dieses Buches, Sie während der Lektüre immer wieder selbst reflektieren zu lassen. Damit Ihnen das gezielter gelingt, beginnen wir mit einzelnen Erkenntnissen zur Vertrauensentwicklung.

Es braucht Zeit, interpersonelles Vertrauen zu entwickeln. Viele Möglichkeiten für persönliche Face-to-Face-Kommunikation, also Kommunikation mit sichtbarem Augenkontakt, Mimik, Gestik, Körperhaltung und der Stimmtonalität (nonverbale Kommunikation) sind ideal, was sich jedoch bei virtueller Kooperation zwischen Arbeitsstandorten als unregelmäßig erweist. Aus der Forschung ist bekannt: Kommunikation und Vertrauen sind interdependent. Vertrauen ist sowohl Voraussetzung für transparente und glaubwürdige Kommunikation als auch zugleich das Resultat transparenter und glaubwürdiger Kommunikation. Es liegt also ein Dilemma im virtuellen Austausch vor: Interpersonelles Vertrauen entsteht durch verbale und nonverbale Kommunikation, und zugleich kann interpersoneller Wissenstransfer nur auf Basis von verbaler und idealerweise zugleich auch nonverbaler Kommunikation stattfinden.

Teufelskreis Vertrauen entsteht durch Kommunikation und Wissensaustausch. Kommunikation und Wissensaustausch führen zu Vertrauen.

Damit persönliche Vertrauensverhältnisse aktiv gestaltet werden können, so Vertrauensforschern wie Guido Möllering zufolge, müssen sich die im Prozess involvierten Personen gegenseitige Offenheit entgegenbringen und intensive Kommunikation ermöglichen. Vertrauensentwicklung kann demnach als aktiver Arbeitsprozess beschrieben werden. Dieser ist nötig, da Vertrauen nicht durch externe Hilfe entsteht, Individuen müssen sich vielmehr öffnen.

In experimentellen Studien konnte gezeigt werden, dass interpersonelles Vertrauen die Mitwirkung bei Entscheidungen sowie Problemlösungsprozesse in Gruppen positiv beeinflusst. Die Bildung von Vertrauen ist stark von persönlichen, informellen Faktoren abhängig, die mit einer gemeinsamen Vorgeschichte einer Bekanntschaft oder Zusammenarbeit zwischen Managern einen wichtigen Faktor darstellen.

Gegenseitige Offenheit, gepaart mit persönlichem Austausch, wirkt sich förderlich auf Vertrauensbildung aus.

Der Wirtschaftswissenschaftler von Rosenstiel postuliert zum Verhältnis Vertrauen und Wissenstransfer: „Wissensmanagement setzt Vertrauen voraus, denn wer misstrauisch ist, dürfte kaum bereit sein, eigenes Expertenwissen weiterzugeben und sich im Extremfall damit ersetzbar zu machen. Entsprechend ist es eine für das Wissensmanagement unverzichtbare Forderung an die Unternehmensführung, eine Kultur des Vertrauens aufzubauen.“

Eine Kultur des Vertrauens muss von der Führung geschaffen werden!

Die Autorin

Dr. Connie Voigt ist Dozentin für diverse Fachbereiche im Angewandten Internationalen Management an verschiedenen akademischen Institutionen in Berlin und Heidelberg sowie an verschiedenen Schweizer Hochschulen. Sie lehrt und forscht in den Bereichen Internationales Personalmanagement, Unternehmensethik, Interkulturelle Wissensaustauschprozesse, Post Merger Integration, Kommunikation, Konfliktmanagement und Virtuelle Führung in Change-Management-Phasen, was sie in konstanter Wechselwirkung in ihrer unternehmerischen Praxis als systemischer Coach und als Mediatorin anwendet. Ihren Doktortitel erhielt sie von der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Fachbereich Interkulturelle Wirtschaftskommunikation. In ihrer Forschungsarbeit fokussiert sie sich auf die sozial-psychologischen Faktoren ihrer Fachbereiche und publiziert regelmäßig in diesem Feld.