"Die 7 Wege zur Effektivität für Jugendliche" von Sean Covey

Manche Menschen sind wie Cola-Dosen – sobald sie das Leben schüttelt, stehen sie unter Druck und explodieren. Andere eher wie stilles Wasser – egal wie sehr man sie rüttelt, sie bleiben ruhig und gelassen. Sie behalten die Kontrolle. Pro-aktiv oder reaktiv? Opfer bleiben oder Verantwortung übernehmen? Cola-Dose oder stilles Mineralwasser? Jeder hat die Wahl. In seiner 7., neu übersetzten und überarbeiteten Auflage Die 7 Wege zur Effektivität für Jugendliche begleitet Sean Covey Teenager unter anderem auf dem ersten und wichtigsten Weg: „pro-aktiv sein“.

Einfach mal die Pausentaste drücken

Angenommen, jemand ist total doof und unfreundlich zu dir. Was kannst du tun, um souverän und gelassen damit umzugehen? Drück auf die Pausentaste. Reagier nicht sofort. Lass dir kurz Zeit, und überleg erst mal, was du jetzt machen willst. Das hilft dir, bessere Entscheidungen zu treffen. Es stimmt schon: Deine Kindheit, deine Eltern, deine Gene und dein Umfeld haben einen gewissen Einfluss auf dein Verhalten. Aber nichts und niemand kann dich zu einer bestimmten Reaktion zwingen. Dein Leben ist nicht im Voraus festgelegt. Du hast die Freiheit, den Kurs selbst zu bestimmen.

 

Dein persönlicher »Werkzeugkasten«

Während dein Leben auf Pause steht, solltest du den Werkzeugkasten öffnen, der dir bei deiner Geburt mitgegeben wurde. Darin findest du vier Werkzeuge, die dir helfen, dein Leben in die eigene Hand zu nehmen:

  • Selbstwahrnehmung: Ich kann gedanklich aus mir heraustreten und meine Gedanken und mein Handeln aus der Distanz betrachten.
  • Gewissen: Meine innere Stimme verrät mir, ob es richtig oder falsch ist, was ich tue, sage oder denke.
  • Vorstellungskraft: Ich kann verschiedene Möglichkeiten vor meinem inneren Auge durchspielen.
  • Willenskraft: Ich habe die Macht, mein Verhalten bewusst zu steuern.

Wie diese Werkzeuge funktionieren? Stell dir vor, dass ein Mädchen namens Rosa mit seinem Hund Wuff spazieren geht:

He, alter Junge! Wie wäre es mit einem Spaziergang?«, sagt Rosa. Wuff springt aufgeregt um sie herum. Rosa hat eine schlimme Woche hinter sich. Sie hat mit ihrem Freund Eric Schluss gemacht und dann hat sie auch noch Stress mit ihrer Mutter.

Beim Spazierengehen denkt Rosa über die vergangene Woche nach: »Die Trennung von Eric war schrecklich für mich. Wahrscheinlich war ich deshalb so gemein zu Mama – ich habe meinen ganzen Frust an ihr ausgelassen.«

Merkst du, was Rosa da macht? Sie steht sozusagen neben sich und macht sich Gedanken über ihr Verhalten. Genau das ist Selbstwahrnehmung. Dadurch erkennt Rosa, dass ihre Trennung von Eric ihre Beziehung zu ihrer Mutter belastet. Das ist der erste Schritt, um anders mit ihrer Mutter umzugehen.

Und Wuff? Der hat inzwischen eine Katze gesehen und jagt ihr hinterher – ganz instinktiv.

Wuff ist ein sehr netter Hund, aber er hat keinerlei Selbstwahrnehmung. Er weiß nicht mal, dass er ein Hund ist. Er kann sein Verhalten nicht hinterfragen und sich sagen: »Seit meine liebste Hundefreundin Suzy weggezogen ist, lasse ich meine Wut an allen Katzen in der Gegend aus.«

Nach einer Weile beginnen Rosas Gedanken zu wandern. Morgen ist das Konzert in der Schule. Sie wird ein Solo singen und kann es kaum noch abwarten. Rosa stellt sich vor, wie sie das Publikum begeistert und überglücklich die Beifallsstürme ihrer Freunde und Lehrer entgegennimmt …

Rosa benutzt jetzt ihr zweites Werkzeug: ihre Vorstellungskraft. Sie hilft ihr, ihrer momentanen Situation zu entfliehen. Dank ihrer Vorstellungskraft kann sich Rosa die Zukunft in den buntesten Farben ausmalen und davon träumen, was ihr das Leben alles bringen wird. Im Gegensatz zu Rosa hat Wuff keine Vorstellungskraft. Er kann nicht allein durch seine Gedanken neue Möglichkeiten entdecken.

Oder kannst du dir vorstellen, dass Wuff denkt: »Eines Tages werde ich eine Luxushundehütte haben – mit eigenem Pool«?

Plötzlich meldet sich Rosas Handy. Sie hat eine Nachricht von ihrer neuen Freundin Taylor bekommen: »Hi, wie geht’s?«

»Gehe gerade mit Wuff Gassi«, schreibt Rosa zurück.

Taylor antwortet: »Stimmt das mit dir und Eric? Das ist ja der Hammer!«

Rosa ist sauer, dass Taylor Eric erwähnt. Das geht sie echt nichts an. Am liebsten würde sie  Taylor das auch schreiben. Doch sie weiß, dass Taylor neu an der Schule ist und Anschluss sucht. Daher hat sie das Gefühl, dass sie nicht allzu grob zu ihr sein sollte. Also schreibt sie:

»Ja, tut weh. Egal. Wie geht’s dir denn so?«

Gerade hat sich das Gewissen bei Rosa bemerkbar gemacht. Es ist die innere Stimme, die uns sagt, was richtig oder falsch ist. Je nachdem, ob wir unserem Gewissen folgen oder nicht, meldet es sich mehr oder weniger laut zu Wort.

Inzwischen hat Wuff an Mr Newmans frisch gestrichenen Lattenzaun gepinkelt. Wuff hat kein Gewissen. Er weiß nicht, was richtig oder falsch ist. Wuff tut einfach das, was sein Instinkt ihm vorgibt.

Als Wuff und Rosa wieder zu Hause sind, ruft ihre Mutter: »Rosa, wo warst du denn? Ich hab dich gesucht!« Am liebsten würde Rosa zurückbrüllen: »Lass mich doch in Ruhe!«

Aber sie hat sich vorgenommen, ihren Frust nicht mehr an ihrer Mutter auszulassen. Deshalb sagt sie: »Hab eine kurze Runde mit Wuff gedreht.« Und dann ruft sie: »Wuff! Wuff! Komm hierher!!!« Wuff ist nämlich nach draußen gerannt, um den Briefträger zu jagen.

Rosa hat ihre Wut im Zaum gehalten und ihre Mutter nicht angebrüllt. Dazu hat sie das vierte Werkzeug benutzt: ihren freien Willen. Wuff dagegen folgt allein seinem Instinkt. Er muss den Briefträger einfach jagen, obwohl man ihm das schon so oft verboten hat.

Im Gegensatz zu Wuff sind wir Menschen in der Lage, selbst über unser Verhalten zu bestimmen. Wir können unsere Gefühle kontrollieren und sind nicht gezwungen, blindlings unseren Instinkten zu folgen.

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die vier menschlichen Werkzeuge sind. Sie sind der Schlüssel, um pro-aktiv zu sein. Je öfter wir sie einsetzen, desto wirkungsvoller werden sie. Was aber, wenn du sie ungenutzt in deiner Werkzeugkiste verstauben lässt? Dann reagierst du nur rein instinktiv. So verspielst du die Chance, eigene Entscheidungen zu treffen und danach zu handeln.

Das ist wie in der alten VW-Werbung »Fahrer gesucht«. Hier hieß es: »Auf der Straße des Lebens gibt es Fahrer und Beifahrer.« Und wie ist es bei dir? Sitzt du auf dem Fahrersitz deines Lebens? Hast du das Lenkrad selbst in der Hand? Benimmst du dich wie die durchgeschüttelte Cola-Dose oder wie die souveräne Wasserflasche? Die Entscheidung liegt ganz bei dir!

Der Autor

Sean Covey ist New-York-Times-Bestsellerautor und hat mehrere Bücher geschrieben, darunter Die 6 wichtigsten Entscheidungen für Jugendliche und Die 7 Wege zur Effektivität für Jugendliche, das in 20 Sprachen übersetzt und über fünf Millionen Mal weltweit verkauft wurde.
Sean wurde in Belfast/Nordirland geboren und schloss sein Bachelor-Studium in Englisch an der Brigham Young University (BYU), Utah/USA, mit Auszeichnung ab und erwarb seinen MBA an der Harvard Business School. Als Star-Quarterback für die BYU führte er sein Team zu zwei Bowl-Spielen und wurde zweimal zum ESPN Most Valuable Player of the Game gewählt.
Sean ist Präsident von FranklinCovey Education und widmet sich der Verbesserung von Bildungsmöglichkeiten auf der ganzen Welt, indem er so vielen Kindern, Lehrern und Schulen wie möglich Führungsprinzipien und -fähigkeiten vermittelt. Sean beaufsichtigt sämtliche internationalen Partnerschaften von Franklin Covey in über 140 Ländern. Er ist ein erfahrener Redner für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und hat in zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen mitgewirkt.
Seine Lieblingsbeschäftigungen sind Kinobesuche, Sport treiben, mit seinen Kindern rumhängen, auf seinem Dirtbike fahren und schlechte Gedichte schreiben. Er und seine Frau Rebecca leben mit ihren Kindern in den Rocky Mountains.