"30 Minuten Besser entscheiden mit Red Teaming" von Stephanie Borgert und Mark Lambertz
Vorschnelle, oberflächliche Entscheidungen – das Mittel der Wahl dagegen heißt Red Teaming. 30 Minuten Besser entscheiden mit Red Teaming von Stephanie Borgert und Mark Lambertz stellt praktische Denkwerkzeuge, Interventionen, Haltungen und zentrale Aspekte des Red Teamings vor, mit denen intelligentere Entscheidungen gelingen. Kritisches Denken zum Beispiel. Lesen Sie nun eine Auswahl von Möglichkeiten, um es zu trainieren.
Angewandtes kritisches Denken
Themenbezogenes Argumentieren
Zweck: In Schule, Ausbildung und Studium haben wir in der Regel nicht gelernt, zu argumentieren. Deshalb ist es so wichtig, es jetzt zu lernen. Wer gut argumentieren kann, sorgt für eine inhaltlich tiefe und erkundende Diskussion und fördert den eigenen und den kollektiven Erkenntnisgewinn.
Dauer: Es handelt sich hierbei nicht um eine klassische Intervention, sondern eher um eine vorbereitende Maßnahme. Die Dauer ist daher abhängig von der Anzahl der Themen, zu denen Argumente gefunden werden sollen.
Anzahl der Teilnehmenden: 1 bis 5.
Ablauf: Stellen Sie Ihre These auf, begründen Sie Ihre These mit einem Argument (wichtig ist der inhaltliche Bezug) und belegen Sie das Argument. Prüfen Sie Ihre Argumentation:
- Sind die Begriffe klar und wahrheitsfähig (das heißt, ihre Aussage kann wahr oder falsch sein)?
- Ist die Argumentation präzise genug?
- Ist die Argumentation erklärend und ausführlich genug?
Suchen Sie dann nach Gegenargumenten (nicht nach Gegenthesen) und versuchen Sie, diese zu widerlegen. Revidieren Sie gegebenenfalls Ihre Eingangsthese.
Hinweis: Seien Sie bereit, Ihre Ansichten und Meinungen zu ändern. Es geht beim themenbezogenen Argumentieren nicht darum, als „Sieger“ vom Platz zu gehen, sondern der Wahrheit näher zu kommen.
Sokratisches Gespräch
Zweck: Es wird zu einem konkreten Thema mit Relevanz gemeinsam gedacht. Das Gespräch macht Gemeinsamkeiten sichtbar und fördert Erkenntnisse. Dabei werden leere Worthülsen oder Phrasen entlarvt. Das Gespräch geht deutlich mehr in die Tiefe als „übliche“ Diskussionen und die persönlichen Sichtweisen werden offengelegt.
Dauer: 20 bis 60 Minuten.
Anzahl der Teilnehmenden: 5 bis 12.
Ablauf: Zunächst wird das gemeinsame Thema identifiziert. Es muss konkret und relevant sein. Die Teilnehmenden sprechen dann über ihre persönlichen Erfahrungen (eigenes Erleben!) und beschreiben dazu Ereignisse, die bereits abgeschlossen sind, in allgemein nachvollziehbarer Form.
Die folgenden Regeln für das sokratische Gespräch haben sich in der Praxis bewährt:
- Jeder vernunftbegabte Mensch kann teilnehmen.
- Alle Teilnehmenden sind gleichberechtigt.
- Alle Teilnehmenden verpflichten sich, ihre Aussagen zu begründen.
- Ausgangspunkt des Gesprächs ist die konkrete eigene Erfahrung.
- Alle Teilnehmenden streben nach Wahrheit.
In der Vertiefungsphase werden Begriffe geklärt und die gemachten Bewertungen erläutert. Dabei werden das dahinterliegende mentale Modell, die Werte und Prinzipien, sichtbar. Beim Abschluss werden die offenen Fragen und die gewonnenen Erkenntnisse gewürdigt.
In einem Metagespräch wird der Prozess des sokratischen Gespräches reflektiert und die Stimmung sowie die Gruppendynamik werden betrachtet.
Hinweis: Es geht bei einem sokratischen Gespräch immer um das gemeinsame Denken. Dabei basiert das Miteinander auf folgenden Prinzipien (nach Heckmann, 2001):
- Selbst denken statt Kenntnisse suchen
- Miteinander denken statt gegeneinander denken
- Konkret denken statt abstrakt denken
- Wahrheitsorientiert denken statt Meinungen austauschen
Reflektierendes Schreiben
Zweck: Um die eigene Gedankenwelt zu erkunden, ist Schreiben ein sehr effektives Mittel, denn es verleitet uns dazu, Gedanken und Argumente aufzubereiten und in einen Zusammenhang zu stellen. Reflektierendes Schreiben (nach Kruse, 2017) macht die Klärung der eigenen Gedanken möglich.
Dauer: 15 bis 45 Minuten.
Anzahl der Teilnehmenden: Einzelarbeit.
Ablauf: Legen Sie fest, worüber Sie reflektieren möchten. Das kann eine Überschrift, ein Sachverhalt, eine Problemstellung, ein Zitat oder auch ein Stichwort sein. Konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Aspekte, die Unklarheiten oder Provokationen, deren Betrachtung sinnvoll ist. Stellen Sie sich Fragen, die eher das eigene Denken betreffen als den Sachverhalt selbst. Sie bringen das reflektierende Denken in Gang:
- Was irritiert mich?
- Welches Argument gefällt mir?
- Was habe ich gelernt, was ist neu für mich?
- Was leuchtet mir ein, was nicht?
- Was finde ich bemerkenswert an diesem Thema?
- Wie hat sich meine Meinung geändert?
- Was habe ich gedacht, bevor ich diesen Aspekt betrachtet habe?
Damit nun die bisher schwach ausgeprägten Meinungen stärker werden, braucht es eine Sprache, mit der sich mögliche Wahrheiten beschreiben lassen. Hypothetische Formulierungen geben Ihnen die Möglichkeit, ganz neue Gedanken zu entwickeln. Nutzen Sie Formulierungen wie die folgenden:
- Woher weiß man eigentlich, ob …?
- Ich würde gerne einmal prüfen, ob …?
- Ist es eigentlich sicher, dass …?
- Es könnte auch sein, dass …?
- Ich könnte mir vorstellen, dass …?
- Vielleicht verhält es sich ja auch so, dass …?
- Meine Erfahrungen sagen mir, dass …?
Schreiben Sie Ihre Überlegungen und Ideen auf und beobachten Sie, was dabei aus den Gedanken entsteht.
Hinweis: Es geht darum, die eigenen Gedanken zu erkunden und das Denken in Fluss zu bringen, weniger um wohldurchdachte Gedanken. Am Ende der Reflexion muss nicht unbedingt ein verwertbares Ergebnis stehen, es geht vielmehr um das Denktraining an sich.
Die Autoren
Stephanie Borgert
Stephanie Borgert ist 1969 im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen. Als eine von wenigen Frauen studierte sie in den 1990er-Jahren Ingenieur-Informatik. Sie startete eine erfolgreiche Karriere in der IT als Beraterin und im internationalen Vertrieb, übernahm Führungsaufgaben und verantwortete komplexe Projekte und hohe Budgets. Im Jahr 2007 stieg sie aus dieser Karriere aus und wurde Unternehmerin. Seither begleitet sie Unternehmen bei der Transformation zu zukunftsfähiger Organisation und zeitgemäßer Führung. Stephanie Borgerts Themenschwerpunkte sind Komplexität und organisationale Resilienz. Dazu hat sie mehrere Bücher veröffentlicht und spricht als Impulsgeberin auf Veranstaltungen. Als Rednerin überzeugt Stephanie Borgert mit ihrer direkten Art, viel Humor und ihrer Hingabe zu ihren Vortragsthemen.
Mark Lambertz
Mark Lambertz ist ein Digital Native der ersten Stunde, seitdem er im Alter von 12 Jahren mit seinem ersten Apple-Computer programmieren lernte. 1995 gründete er eine der ersten Digitalagenturen Deutschlands und stieg freiwillig nach 20 Jahren aus. Heute berät und coacht er Teams und Unternehmen auf ihrem Weg zu einer agilen Organisation. Er ist weltweit einer der führenden Experten des Viable System Model.