"Vom Mitarbeiter zum Mitgestalter" von Nicole Pathé

Klarheit und Courage – diese zwei Skills führen zu mehr Zufriedenheit und Erfolg. In ihrem neuen Buch Vom Mitarbeiter zum Mitgestalter gibt Nicole Pathé ihren Lesern deshalb acht Prinzipien für mehr Klarheit und Courage an die Hand. Denn wer weiß, was er will, und die Courage aufbringt, dafür einzutreten, erreicht auch in der VUCA-Arbeitswelt sehr viel wahrscheinlicher das, was er möchte. Lernen Sie nun das Prinzip „Machen Sie, was Sie wollen“ kennen:

Ist das eine Erlaubnis oder eher eine Drohung? Das kommt darauf an. Manchmal lässt der Tonfall die unausgesprochene Botschaft »Sie werden schon sehen, was Sie davon haben« vermuten. Ich erinnere mich an so manche Diskussion als junges Mädchen, die meine Gesprächspartner mit den Worten »Dann mach doch, was du willst!« beendeten. Mir war dann immer ein bisschen mulmig zumute, denn es bedeutete ja, dass ich die alleinige Verantwortung für mein Handeln übernehmen musste. Wenn man tut, was andere wollen, überlässt man den anderen die Verantwortung. Wenn es schiefgeht, kann man immer sagen: »Aber der hat gesagt, ich soll das so machen.« Ein Muster, dem Feiglinge gerne folgen.

Ganz anders der TOP-Arbeitnehmer. Er übernimmt bereitwillig Verantwortung für den eigenen Erfolg und sieht darin seinen Beitrag am großen Ganzen, sprich am Erfolg des Unternehmens. TOP-Arbeitnehmer kennen ihre eigene Definition von Erfolg, sie haben eine Vorstellung von beruflichen Rahmenbedingungen, die sie für ihre Zufriedenheit brauchen, und wissen, welche Art von Job dem nahekommt. Ihr Ziel ist, sagen zu können: »Ich gehe gerne arbeiten und meine Leistung entspricht meinen Ansprüchen.« Dabei ist das Selbstbild entscheidender als das Fremdbild. TOP-Arbeitnehmer zu sein ist keine Anerkennung von anderen, es ist keine Auszeichnung. Es ist ein Selbstverständnis, das jeder Einzelne für sich entwickelt.

 

Wissen Sie, wie Ihr idealer Job aussieht und in welchem beruflichen Umfeld Sie sich am liebsten bewegen würden? Kennen Sie die Bereiche, in denen Sie zu Abstrichen bereit sind, wohl wissend, dass es den paradiesischen Arbeitsplatz nicht gibt? Zu wissen, was man will, ist die Voraussetzung, um das zu tun, was man will. Glücklicherweise wollen Menschen unterschiedliche Dinge, weil sie unterschiedlich ticken. Das ist auch gut so, denn stellen Sie sich vor, alle Menschen wollten den gleichen Job in der gleichen Firma. Wichtig ist, für sich selbst herauszufinden, was man braucht, um gerne und gut zu arbeiten. Geht es beispielsweise darum, möglichst autonom und mit wenigen Vorgaben zu agieren, oder ist es erstrebenswert, klare Leitsätze zu beachten und Aufgaben nach definierten Richtlinien zu erfüllen? Sind wechselnde Einsatzorte mit viel Reisetätigkeit eher attraktiv oder abschreckend? Die genannten Fragen beziehen sich beispielhaft auf die Rahmenbedingungen eines Jobs, auf das berufliche Umfeld und die Ausgestaltung einer Aufgabe. Die Fragen dienen nur sekundär der Berufsfindung, bei der die persönlichen Fähigkeiten und Talente entscheidende Einflussgrößen sind. Wenn jemand Arzt werden möchte, hat er seine Berufswahl entsprechend getroffen. Er hat aber damit nicht automatisch geklärt, in welchem Kontext er den Beruf ausüben möchte, um mit seiner Berufswahl zufrieden zu sein. Als Mediziner in einem Krankenhaus zu arbeiten, in einer Gemeinschaftspraxis oder als einzelner niedergelassener Arzt – zwischen den genannten Alternativen liegen Welten.

Ist der Kontext geklärt und ein passender Arbeitsplatz gefunden, sind die Weichen für berufliche Zufriedenheit und Erfolg gestellt. Doch wann ist jemand erfolgreich? Und wie weit kann man gehen, wenn der Anspruch lautet: »Ich mache, was ich will!«? Fangen wir mit der wichtigen Frage nach dem Wollen an. Haben Sie sich einmal Ihre Anforderungen an den idealen Arbeitsplatz bewusst gemacht, wird vieles einfacher. Sei es die Suche nach einem anderen Job, die neue Aufgabe nach der Umstrukturierung oder der Wechsel in ein anderes Team. Das Bewusstsein über die idealen Anforderungen und auch über die K.-o.-Kriterien hilft dabei, den Kontext oder die Aufgabe zu finden, mit der Sie zufrieden und erfolgreich sein können. Wenn Unternehmen auf Bewerbersuche gehen, formulieren sie Anzeigen, die sie in Jobbörsen online oder in Printmedien schalten. Das ist ganz selbstverständlich und normal. Warum nicht einmal eine Anzeige formulieren, mit der Sie den idealen Job suchen? Zugegebenermaßen ist das eher praxisfremd, hilft aber ungemein, herauszufinden, was Ihnen wirklich wichtig ist. So wichtig, dass es Ihre Zufriedenheit einschränken würde, wenn es fehlt.

»Entwickeln Sie doch einmal eine Anzeige, mit der Sie den idealen Arbeitsplatz suchen«, ermutigte ich auch Herrn G. Er ließ sich von mir coachen, um nach seiner 18-monatigen Elternzeit wieder ins Berufsleben einzusteigen. Vor seiner Elternzeit hatte er seinen Job in einem Unternehmen gekündigt, für das er zwei Jahre gearbeitet hatte. Der Grund: nicht zu klärende Konflikte mit seinem damaligen Vorgesetzten. Herr G. brauchte einige Minuten, um sich in die Aufgabe hineinzudenken. Als Personalreferent hatte er schon viele Anzeigen für seinen früheren Arbeitgeber erstellt. Zu formulieren, wie der ideale Bewerber aussehen sollte, war ein vertrautes Prozedere und kein Problem. Aber die Perspektive zu wechseln und aufzuschreiben, wie sein idealer Arbeitgeber sein sollte, war neu und fiel ihm zunächst schwer. Herr G. nahm die Aufgabe dennoch mit nach Hause und brachte zu unserem nächsten Termin folgenden Anzeigentext mit:

»Es hat richtig Spaß gemacht, aufzuschreiben, was ich mir von meinem neuen Arbeitsplatz verspreche«, sagte Herr G., als er mit seiner fiktiven Anzeige zum nächsten Coaching kam. Auch wenn sie natürlich nie zum Einsatz kommen werde, so habe ihm diese Methode gut dabei geholfen, die eigenen Gedanken zu sortieren und Klarheit über seine Wünsche zu bekommen.

Klarheit über eigene Bedürfnisse zu erlangen, erzeugt oft ein Gefühl von Zufriedenheit oder sogar Spaß und Freude. Mit ihr gewinnen Menschen Orientierung und entwickeln einen Kompass, der sie durch den Dschungel der Möglichkeiten führt, die unsere Arbeitswelt heute bereithält. Je klarer die eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen sind, desto stärker ist ihre Sogwirkung. Je stärker die Sogwirkung, desto ausgeprägter die Courage, mit der wir uns für genau diese Vorstellungen engagieren. Sie werden zum Ziel, das es mit voller Energie zu erreichen gilt.

Wie sieht Ihr idealer Arbeitsplatz aus? Was steht in Ihrer Anzeige? Was brauchen Sie unbedingt, um erfolgreich und motiviert zu arbeiten, und was hat weniger Priorität? Beachten Sie: Die »Musthaves « und die »Nice-to-haves« sind nicht in Stein gemeißelt, sie verändern sich entsprechend der persönlichen Lebenssituation und der individuellen Entwicklung. Es lohnt sich also, zwischendurch eine kleine Anzeige mit den idealen Job-Bedingungen zu verfassen und diese zu priorisieren. Dann müssen Sie sie nur noch mit Ihrem aktuellen Job abgleichen und bewerten, ob Wunsch und Realität im Wesentlichen zusammenpassen und Sie zufrieden und erfolgreich arbeiten. Ist dies nicht der Fall, ist es höchste Zeit, etwas zu verändern, denn: TOP-Arbeitnehmer übernehmen Verantwortung und gestalten die für sie wichtigen Erfolgsfaktoren mit.

Die Autorin

Nicole Pathé ist seit über 20 Jahren selbstständige Trainerin, Coach, Speakerin und Expertin für das Thema „Klarheit und Courage im Business“. Mit ihrer Firma pingcom und einem Team aus kompetenten und erfahrenen Trainern hat sie sich auf Personal- und Führungskräfteentwicklung spezialisiert. Zu ihren Kunden gehören Banken, Dienstleister sowie mittelständische Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Im Herbst 2017 erschien im GABAL Verlag ihr erfolgreiches Buch Feigling oder Führungskraft? – Wie Sie mit Klarheit und Courage Menschen gewinnen.