"Strategy Explorer – das Strategiewerkzeug für Teams" von Stefan Pastuszka
Strategy Explorer – das Strategiewerkzeug für Teams von Stefan Pastuszka begleitet Leser in sechs Schritten zur eigenen Strategie. Seine canvasbasierte Methode unterstützt Organisationen dabei, ihr Thema zu bestimmen, Vision und Mission zu formulieren und das Umfeld zu analysieren. Außerdem führt sie durch die SWOT-Analyse und die daraus abgeleiteten Handlungsmöglichkeiten, um schließlich das Ziel zu erreichen: die Formulierung der eigenen Strategie. Gehen Sie nun im folgenden Buchauszug gemeinsam mit dem Autor den ersten Schritt in Richtung Ihrer Strategie.
Definieren Sie den Betrachtungsgegenstand (Subject)
Der erste echte und wirklich grundlegende Arbeitsschritt mit dem Strategy Explorer ist die Festlegung des Betrachtungsgegenstandes im inneren Kreis mit der Überschrift ≫Subject≪. Seine saubere Definition ist wichtig für das eigene Verständnis des Geltungsbereichs der Strategie (= Wofür entwickeln wir eine Strategie?) und für die Abgrenzung (= Und wofür nicht?). Oft genug gleiten in Workshops die Diskussionen ab, und man fragt sich plötzlich: ≫Entwickeln wir hier eigentlich die Strategie für die ganze Firma oder nur für unseren Geschäftsbereich?≪ Darüber hinaus bestimmt die Definition des Betrachtungsgegenstandes, wer die Wettbewerber sind. Daher ist die Festlegung ausschlaggebend für die ganze weitere Strategieentwicklung.
Die Definition des Betrachtungsgegenstandes im Feld ≫Subject≪ besteht aus zwei Teilen, die im Folgenden erläutert werden.
Teil 1: Die Einheit (Entity)
Für wen oder was soll eine Strategie entwickelt werden? Dies ist die Frage nach der Einheit, für die es vielfältige Möglichkeiten gibt. Ist es Ihr gesamtes Unternehmen, eine Abteilung, ein Produkt oder etwas ganz anderes? Die Frage mutet so grundlegend an, dass man sie kaum zu stellen wagt. Dennoch ist die Antwort für den ganzen folgenden Prozess entscheidend und sollte daher immer präsent sein. Dies ist jedoch in der Praxis oftmals nicht der Fall: In vielen Unternehmen finden sich teils verstreute strategische Analysen, wie zum Beispiel die SWOT-Analyse, ohne dass in deren Überschrift der Betrachtungsgegenstand sauber definiert ist. Bei der Durchführung der entsprechenden Analyse wird er sicher bekannt gewesen sein, aber er wurde einfach nicht präzise festgehalten, vielleicht weil er allen Beteiligten in dem Moment sowieso klar war. Damit ist die betreffende Analyse für alle anderen relativ wenig wert – es sei denn, auf den Betrachtungsgegenstand lässt sich glasklar aus dem Inhalt der Analyse schließen, was aber nicht garantiert ist. Also einfach präzise festlegen!
Die Einheit, die im Zentrum Ihrer Strategieentwicklung steht, kann zu den folgenden Kategorien gehören:
• Organisation (z. B. Unternehmen, Verein, Non-Profit-Organisation)
• Organisationseinheit (z. B. Geschäftsbereich, Abteilung)
• Person (z. B. Angestellter, Freelancer, Vereinsvorstand)
• Produkt / Dienstleistung
• Prozess / Verfahren
Genau zu wissen, für wen oder was Sie eine Strategie entwickeln wollen, ist eine Grundvoraussetzung. Eine wirklich hilfreiche und arbeitsfähige Definition des Betrachtungsgegenstandes ergibt sich aber erst durch eine weitere Spezifikation:
Teil 2: Das Angebot (Offering / Value Proposition)
Zur vollständigen Definition des Betrachtungsgegenstandes (Subject) gehört eine kurze Beschreibung des Angebots oder Wertversprechens. Ohne diese Angabe funktioniert später der Vergleich mit dem Wettbewerb oder möglichen Alternativen nicht, da diese sich erst durch die Festlegung klar ergeben.
Stellen Sie sich beispielsweise vor, der Geschäftsbereich (= Einheit), für den Sie eine Strategie entwickeln wollen, produziert und verkauft Bohrmaschinen. Dann ist das Angebot im einfachsten Fall: ≫Bohrmaschinen≪ (= ein Produkt). Folglich befindet sich Ihr Geschäftsbereich im Wettbewerb mit allen anderen Unternehmen, die Bohrmaschinen produzieren oder verkaufen. Diese Festlegung bestimmt dann den weiteren Verlauf und auch das Ergebnis der Strategieentwicklung. Denken Sie stattdessen etwas breiter und beschreiben das Angebot als ≫Lösungen, um Löcher in Wände zu bekommen≪ (= ein Wertversprechen als Antwort auf ein Kundenproblem), sieht die Sachlage schon ganz anders aus: Wer ein Loch in die Wand bekommen möchte, muss nicht notwendigerweise eine Bohrmaschine kaufen. Er kann auch einen Handwerker beauftragen, einen Freund fragen, sich eine Bohrmaschine leihen usw. Das bedeutet, das Feld der Wettbewerber und Alternativen erweitert sich – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Strategie. Wie breit Sie tatsächlich denken wollen (oder dürfen), hängt stark von der Mission und Ihrer Vision ab, die im nächsten Schritt betrachtet werden. Eventuell kann es sich lohnen, nach deren Festlegung noch einmal einen Blick auf den Betrachtungsgegenstand zu werfen und vielleicht Anpassungen vorzunehmen, wenn es neue Erkenntnisse gibt.
Das Denken in anfassbaren Produkten fällt oft leichter als das in mitunter als abstrakt empfundenen Wertversprechen (engl. ≫Value Proposition≪). Viele Menschen tun sich erfahrungsgemäß schwer damit, ein klares Wertversprechen herauszuarbeiten.
Mit der Ergänzung der Einheit um das Angebot ist der Betrachtungsgegenstand für eine sinnvolle Strategieentwicklung ausreichend definiert. Sonstige Eigenschaften wie zum Beispiel Finanzstärke, Größe, Internationalität einer Organisation oder Ähnliches müssen hier nicht festgehalten werden, sondern kommen später indirekt bei der Stärken- und Schwächenanalyse ins Spiel.
Bei der Definition gilt es, die Formulierung einerseits kurz und knackig zu halten, andererseits aber so präzise wie möglich zu sein. Idealerweise lässt sie sich auf zwei Klebezetteln festhalten. Versuchen Sie dabei aber so klar zu sein, dass auch ein Außenstehender verstehen könnte, was gemeint ist. Beispiele für Betrachtungsgegenstände finden sich in der Tabelle unten.
Das Konzept der Aufteilung des Betrachtungsgegenstandes in die Einheit und das Angebot lässt sich leicht am Beispiel des freiberuflichen Beraters Harald Weis (siehe Tabelle) nachvollziehen. Hier wird auch schnell klar, wie die Definition die weitere Strategieentwicklung beeinflusst. Harald Weis tritt in verschiedenen Rollen auf, unter anderem als Berater für Start-ups. Möchte er eine Strategie für diese Rolle entwickeln, trägt er in das Feld ≫Subject≪ unter ≫Angebot≪ entsprechend ≫Start-up-Beratung≪ ein. Damit wird sowohl klar, wer die Kunden (= Start-ups), als auch wer die Wettbewerber sind (= alle, die ebenfalls Start-ups beraten). Die Tatsache, dass Harald Weis auch einen Lehrauftrag an der Uni hat und zudem Buchautor zum Thema ist, könnte sich eventuell in Form von Stärken auf seine Strategie auswirken. Deshalb braucht er sie nicht ins Subject aufzunehmen, sondern kann später darauf zurückkommen. Würde er stattdessen eine Strategie für seine Rolle als Buchautor entwickeln, gehörte die Autorentätigkeit in den Mittelpunkt, das heißt ins Subject. Die anderen Aspekte, wie zum Beispiel Erfahrung aus seiner Beratungspraxis, könnten dann im Rahmen der Stärkenbetrachtung zum Tragen kommen.
Der Autor
Dr. Stefan Pastuszka ist Experte für Strategieentwicklung, Innovation und die Kommunikation von komplexen Sachverhalten. Der promovierte Physiker war in verschiedenen Funktionen für einen renommierten Telekommunikationsnetzausrüster sowie einen international führenden Technologiekonzern aktiv, u. a. als Director Market Positioning und Head of Corporate Development. Als Strategie- und Innovationsberater unterstützt Dr. Pastuszka Organisationen dabei, Klarheit und Struktur in komplexe Zusammenhänge zu bringen, um sich optimal zu positionieren, effektiv zu kommunizieren und die richtigen Schritte für eine erfolgreiche Zukunft zu entwickeln. Dazu verbindet er breite Businesserfahrung aus verschiedenen Märkten, technologisches Verständnis und unkonventionelle Ansätze wie z. B. strategische Visualisierung.