Interview mit Martin-Niels Däfler

Herr Däfler, Ihr neues Buch heißt „Das Gelassenheitsprojekt“, worum geht es darin?

Mich hat interessiert, was Menschen tun, um gelassen zu werden. Man kann ja inzwischen von einer regelrechten „Gelassenheits-Industrie“ sprechen. Also bin ich ausgezogen, mir eine Auswahl an Methoden mal genauer anzuschauen und zu prüfen, ob sie halten, was sie versprechen. Dabei habe ich aber nicht nur kommerzielle Angebote getestet, sondern auch einige Hobbys ausprobiert, mit denen manche Menschen versuchen zu entspannen. Das ganze Testen hat ungefähr ein Jahr gedauert.

Welche der 18 Entspannungstechniken war die effektivste?

Genauso subjektiv wie Bewertungen auf Amazon oder Zalando sind, genauso persönlich ist mein Urteil über die Gelassenheits-Methoden. Ich nehme gar keine Repräsentativität oder Objektivität in Anspruch. In diesem Sinn war mein Testsieger „Yoga“. Auch wenn ich anfangs fürchterlich unter Muskelkater litt und mitunter dachte, meine Frau müsste mich mit dem Rollstuhl abholen, so sehr habe ich meinen wöchentlichen Yoga-Kurs schätzen gelernt. Das Schöne bei dieser Art zu entspannen ist, dass man sowohl Physis als auch die Psyche trainiert. Hinzu kommt, dass ich durch die regelmäßigen Yoga-Stunden eine ganz andere Körperwahrnehmung bekommen habe. So verblüffend es klingen mag: Allein durch einen aufrechteren Sitz fühle ich mich gestärkt.

Gab es auch überraschende Erfahrungen im Laufe des Jahres?

Ganz unabhängig vom Thema Gelassenheit habe ich unglaublich viel Neues gelernt. Und ich habe festgestellt, dass manche Individuen in einer völlig anderen Welt als ich zu leben scheinen. Bei aller Toleranz und Respekt vor den Weltanschauungen meiner Mitmenschen musste ich doch öfters innerlich lachen. So kann ich es nicht verstehen, wenn im Internet „Engelsspray“ zur Entspannung angeboten wird – zu astronomischen Preisen. Es scheint also wirklich einen „Markt“ für Gelassenheit zu geben. Einige der Angebote haben aus meiner Sicht einen zweifelhaften Charakter. Andererseits: Wer daran glaubt und wem es hilft, soll so etwas ruhig nutzen.

Was ist Ihr ganz persönlicher Gelassenheitstipp? Unabhängig von den getesteten Entspannungsmethoden.

Im Verlaufe meines Testjahres wurde mir immer klarer, dass es nicht die ultimative Methode gibt. Der eine entspannt hervorragend bei einer Klangreise und der andere schläft dabei fast ein – wie ich zum Beispiel. Manche können beim Stricken wunderbar abschalten und andere schier verzweifeln – wie ich zum Beispiel. Wiederum andere empfinden das Floating im Solebecken als Wohltat und dann gibt es die, die dabei vor Langweile auf die dümmsten Ideen kommen – wie ich zum Beispiel. Insofern kann es wohl keinen Tipp geben, mit dem jeder gleichermaßen viel anfangen könnte. Dennoch kann ich eine Empfehlung aussprechen: Man sollte versuchen, jeden Tag irgendetwas zu machen, was einem gute Laune verschafft, etwas, wobei man völlig abschalten kann. Bei mir ist das etwa Kochen. Ich liebe es, mit einem Glas Weißwein am Herd zu stehen. Das macht mich gelassen.