Konflikt ist nicht gleich Konflikt

Konflikt und Konfrontation – für viele Menschen sind diese Begrifflichkeiten und die Bedeutung dahinter vermutlich sehr ähnlich. Eine funktionale Differenzierung ist aber unvermeidbar, wenn man sich aktiv mit sich selbst und seinem Umfeld auseinandersetzen und aus diesen Konfrontationen gestärkt hervorgehen will. Was genau zum Beispiel einen Individualkonflikt ausmacht, schildern Thomas Lorenz und Stefan Oppitz in diesem Auszug aus 30 Minuten an Krisen und Konflikten wachsen.

Der Individualkonflikt

Von der Definition des Begriffes Konflikt hängt die Art des Lösungsweges und damit der Erfolg des Umganges mit dem Konflikt ab. Deshalb haben wir schon im Kapitel 1 zwischen Konflikt und Konfrontation unterschieden. Eine fehlende Eingrenzung des Konfliktes auf Spannungen in mir eröffnet mir  zu leicht - im Sinne von Konfrontation - die Möglichkeit, die Schuld anderen zuzuweisen. Die Bewältigung meines inneren Konfliktes auf Personen zu verlagern, die von ihm zwar betroffen sein können, aber nicht zu seiner Lösung beitragen können, ist dabei nicht dienlich. Konflikte muss ich mit mir selbst lösen! Ein Beispiel soll das Gemeinte verdeutlichen: Ein Vater wird nach seiner Rückkehr von einer Dienstreise überfallartig von Sohn und Tochter im gleichen Augenblick herzlichst gebeten, an einer den beiden sehr wichtigen Veranstaltung teilzunehmen. Der Vater hat einen Konflikt: mit sich und nicht mit seinen Kindern. Verschiedene Bedürfnisse in ihm verlangen eine Priorisierung. Die Kinder haben weder mit dem Vater, noch untereinander einen Streit oder Sozialkonflikt.

Weite ich aber den Konfliktbegriff auf die Beziehung zwischen dem Vater und seinen Kindern aus, sähe zum Beispiel eine Lösung der hinzueilenden Mutter folgendermaßen aus: „Wie könnt Ihr eurem Vater nach einer Reise mit einer solchen Bitte kommen?!“ Folgen: Der wirkliche Konfliktträger (der Vater) ist aus dem Spiel; die Kinder sind die Schuldigen, weil sie den Vater in die Situation gebracht haben. Sie können sich nun mit der Mutter darüber richtig streiten.

Der Konfliktträger (Vater) wird so um die Chance gebracht, seine Bedürfnisse zu priorisieren -  bis zum nächsten Mal.

Dazu ein weiteres Beispiel: Ein bislang mit seiner Lebensweise zufriedener Junggeselle erlebt eine Liebesbeziehung, die ihn in Richtung Lebensgemeinschaft zu bewegen droht. Hier wird er mit herkömmlichen Mitteln nicht weiterkommen (Krise). Hauptgrund des aufkommenden Konfliktes ist der Wunsch der Freundin, an ihrem etwas entfernten Wohnort eine gemeinsame Wohnung zu beziehen. Vor einem solchen Umzug müsste er mit seiner kranken Mutter klären, was es bedeutet, sie einem Pflegeheim anzuvertrauen. Das Pflegeheim stößt bei der Mutter auf wenig Interesse und führt zur Ablehnung der Freundin und zum Streit.

Konflikt und Konfrontation haben zwar der Ursache nach (Freundin), aber nicht dem Grunde nach (Ortswechsel) miteinander etwas zu tun. Zur Diskussion mit der Mutter würde es auch dann kommen, wenn der Sohn auf einen längeren Auslandsaufenthalt verpflichtet werden würde. Dies inhaltlich zu differenzieren, erscheint zur nachhaltigen Konfliktlösung notwendig. Für den Sohn wäre zu klären, wie er mit Wohnungswechseln umgeht, statt an der aktuellen Ursache (seine Freundin) zu verzweifeln.

Ob man die Differenzierung in Konflikt und Konfrontation für die Alltagssprache nachvollzieht, ist nicht entscheidend. Die semantische Festlegung und Differenzierung von Worten schafft aber oft Klarheit und unterstützt den Umgang mit der Situation.

Fazit: Die semantische Unterscheidung zwischen individualem Konflikt und sozialem Interessensgegensatz (Diskurs oder Konfrontation) ist insofern von Bedeutung, als daraus zwangsläufig andere begleitende Interventionen sinnvoll erscheinen und unterschiedliche Lösungsansätze folgen

Die Autoren

Thomas Lorenz, Diplom-Ökonom, ist Gründer und Vorstand der A-M-T Management Performance AG und verfügt über langjährige Erfahrung in den unterschiedlichsten Bereichen der Personalarbeit. Seit über 25 Jahren berät er Unternehmen und Einzelpersonen auf dem Weg zu einem verantwortungsvollen und ethischen Leben und Handeln. Er ist national und international ein anerkannter Redner und Begleiter zu den Themen Unternehmenskultur, Persönlichkeit, Krisen und Konfliktmanagement sowie Führung.

Als „Master of Education“ kam Stefan Oppitz mit seinem Abschluss aus den USA zu A-M-T, um dort weltweit bekannte Persönlichkeitsprofile wie den MBTI® in Training und Coaching anzuwenden. Seit 2001 besitzt A-M-T darüber hinaus die exklusive Lizenz, dieses anerkannte Tool im deutschsprachigen Raum zu lizenzieren – ein USP auch für diese Ausbildung. Stefan Oppitz setzt die Trainings- und Beratungsinhalte der A-M-T international um, so auch für die ASTD (American Society for Training and Development).