"30 Minuten Digitale Innovation" von Ömer Atiker und David C. Luna

Leider gibt es im Alltag viele Hindernisse, die den Erfolg von Innovationsprojekten verzögern oder ganz verhindern. Das wissen auch Ömer Atiker, Experte für digitale Transformation, und David C. Luna, Gründer der Innovations- und Transformationsberatung GAMMA Digital & Beyond. In 30 Minuten Digitale Innovation geben sie Lesern einige Gedanken und Tipps an die Hand, um digitale Innovationsprojekte schneller und erfolgreicher zu machen.

Tempo im Projekt

Hohes Tempo ist nicht nur ein quantitativer, sondern auch ein qualitativer Faktor. Schnelle Projekte sind fast immer besser als langsame. Das hat mit unserer beschränkten Konzentration zu tun. Es fällt uns schwer, weiter als sechs bis neun Monate zu planen. Ein langes Projekt bedeutet, dass wir Lust und Fokus verlieren. Dieser Fokus, sich nur auf ein einziges Ding konzentrieren zu können, statt sich zu verzetteln, ist eine große Stärke der Start-ups und macht sie so schnell.

Nächstes Problem: Je länger das Projekt dauert, desto mehr Gelegenheiten gibt es, dieses zu torpedieren. Budgetkürzungen, personelle Veränderungen, Verschiebung der Prioritäten – je schneller Sie sind, desto weniger angreifbar ist Ihr Projekt. Und Tempo gibt Fokus: Wer richtig schnell unterwegs ist, der lässt sich nicht ablenken. Man spürt den ständigen Fortschritt, und das motiviert ungemein.

Entschieden besser

Es gibt eine Menge Gründe, die Tempo verhindern. Die erste Kategorie hat mit den Entscheidungen zu tun. Jedes Projekt besteht aus Tausenden von Entscheidungen. Wer macht heute was, wie gehen wir vor, welche Alternative verfolgen wir?

Gerade bei neuen, ungewohnten Entscheidungen wissen wir nicht, was das Richtige und Beste ist. Diese Unsicherheit lähmt. Man vertagt, analysiert noch weiter, versucht in Gruppen einen Konsens zu erreichen – und kommt dabei keinen Schritt voran!

Tempo bekommen Sie, wenn Sie schnell und sauber entscheiden können. Dafür brauchen Sie klare Entscheidungsprozesse, den Mut, falsche Entscheidungen auch wieder zurückzunehmen, und vor allem den Willen, schnell zu sein. Ein ständiges „Geht das auch schneller?“ führt oft zu überraschenden Antworten.

Weniger ist mehr

Der nächste Punkt betrifft die Umsetzung, wobei es ja auch hier oft um Entscheidungen geht. Aber es gibt vor allem zu viele unnütze Rituale, von unnötigen Prozessen bis zur Meetingitis. Die Ursachen sind hier die Bequemlichkeit („haben wir immer schon so gemacht“) und die Angst vor Fehlern (deswegen besser noch eine Mail mit allen im CC). Vor allem Meetings sind ein Übel, das jeder hasst, aber doch jeder mitmacht.

Tempo bedeutet, nur minimale Meetings und keine regelmäßigen Termine. Schon die Terminfindung ist oft ein Graus – alle haben nächste Woche eine halbe Stunde Zeit, aber leider nie gleichzeitig. Weichen Sie besser auf Kollaborationstools aus, bei denen Sie nicht gleichzeitig am selben Ort sein müssen.

Nehmen Sie sich Zeit

Paradoxerweise brauchen Sie genug Zeit, um schnell zu sein. Wenn Ihr Projekt nur nebenherläuft, konkurriert es mit Ihrem „eigentlichen“ Job um Ihre knappe Zeit. Und manche Entscheidungen können Sie nur treffen, wenn Sie genügend Zeit haben: Zeit, um zu lernen, Zeit zum Nachdenken, Zeit für lange Interviews mit Kunden und Zeit für sinnvolle Tests. Wenn Sie schnell sein wollen, müssen Sie sich diese Zeit nehmen.

Mut und Fehlerkultur

Ihr Projekt wird besser, wenn Sie Mut mitbringen. Unter anderem den Mut, zu entscheiden, auch wenn Sie keine vollständigen Informationen haben und die Folgen nicht wirklich überblicken können. Und da Sie etwas Neues machen, werden Sie sicher auch Fehler machen. Wenn Sie Angst vor diesen Fehlern und deren Folgen haben, sind Sie gelähmt. Am Ende spielt das ganze Team Mikado – wer sich zuerst bewegt, verliert.

Das können Sie nicht wollen.

Das Gegenmittel ist die viel gepriesene Fehlerkultur. Wenn Ihr Umfeld Fehler harsch kritisiert, versuchen Sie, gar keine mehr zu machen. Wenn dieses Umfeld Fehler jedoch als einen ganz normalen Teil der Entwicklung versteht, als etwas, das einfach dazugehört, dann ist das Fehlermachen auch nicht schlimm. Das wäre eine positive Kultur: Fehler sind okay, denn daraus lernen wir.

Und Mut bedeutet auch, weiter zu denken als bis zur Tischkante, bis zum naheliegenden Detail. Steve Jobs sagte, man müsse eine Delle ins Universum schlagen, etwas Großes verändern wollen. Das kann natürlich auch schiefgehen, vieles wird am Ende doch nicht machbar sein. Aber Sie werden daraus lernen, Ihre Denk- und Innovationsmuskeln werden stärker und geschmeidiger. Und schon das ist ein lohnendes Ergebnis.

Wirklich innovative Firmen erwarten sogar Fehler. Wer zu wenige Fehler macht, traut sich zu wenig, tut zu wenig! Denn nur aus Fehlern können wir lernen. Und es muss auch klar sein, dass eine Annahme, die nicht bestätigt wird, kein Fehler, sondern eine wertvolle Erkenntnis ist. Die Amerikaner sprechen von „Fail forward“, im Deutschen sagen wir: „Wir scheitern uns voran.“ Welchen klugen Fehler haben Sie heute gemacht?

Nicht lange brüten – legen!

Unser deutscher Perfektionismus, unsere Ingenieurstugenden haben uns weit gebracht. Aber sie haben keinen Mehrwert, solange wir noch in der Phase des Suchens und Ausprobierens sind. Denn da geht es nicht um Perfektion und Details, da geht es um Varianten, Vielfalt und Erkenntnis. Erkenntnisse bekommen Sie nicht durch Analysen und Marktforschung und Inspiration sicher nicht am grünen Tisch. Der Konjunktiv hilft Ihnen nicht, kein „man sollte mal“ hat je die Welt verbessert.

Sie müssen raus, unter Leute, in den direkten Kontakt mit Kunden und Nutzern gehen. Sie müssen sich austauschen und lernen und ausprobieren. Und vor allem müssen Sie: tun. Also, schlagen Sie Ihre Delle ins Universum oder zumindest in die Welt Ihres Unternehmens. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg!

Die Autoren

Ömer Atiker

Ömer Atiker ist Experte für digitale Transformation. Als Berater, Autor mehrerer Bücher, gefragter Keynote-Speaker und Unternehmer hilft er Firmen, auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Er ist Co-Founder von GAMMA Digital & Beyond und Eigentümer der Digital-Agentur Click Effect.

David C. Luna

David C. Luna ist Gründer der Innovations- und Transformationsberatung GAMMA Digital & Beyond und hilft Mittelständlern, ihren Innovationszyklus und Transformationsprozess zu beschleunigen – von der Idee bis zum erfolgreichen Geschäftsmodell.