„30 Minuten Kollegiale Beratung“ von Jürgen Nowoczin

Das Instrument der Kollegialen Beratung wird vermehrt von Führungskräften oder Projektleitern in Unternehmen eingesetzt. Die Ziele sind vielfältig: Teilnehmende werden empowert, gewinnen mehr Agilität, können Probleme methodisch angehen, erhalten Feedback, entwickeln sich in ihrer Rolle weiter, bilden ein effektives Netzwerk und tragen zur Problemlösung im Unternehmen bei. In seinem Buch 30 Minuten Kollegiale Beratung zeigt Jürgen Nowoczin, worauf es bei dieser Methode ankommt. Einen Ausschnitt daraus lesen Sie hier:

Kollegiale Beratung gehört neben Coaching und Supervision zu den arbeitsplatz- und praxisnahen Professionalisierungsmaßnahmen für Führungskräfte. Darunter versteht man, dass Führungskräfte in die Lage versetzt werden, sich miteinander effektiv zu Schlüsselthemen ihres Führungsalltags zu beraten (vgl. Mutzek, 1997; Reddy, 1997). Elemente der Methode gehen zurück auf die Ansätze der klientenzentrierten Beratung nach Carl Rogers. Erst mit Beginn des 21. Jahrhunderts fand dieses Programm auch Akzeptanz und Anwendung im Management von Industrie und Dienstleistung. Dabei stand zunächst die Führungsebene im Vordergrund. Erst später kamen andere Zielgruppen (Projektleiter, Vertriebler) hinzu. Eine unspezifische Weiterentwicklung findet sich auch im generalisierenden Ansatz der Working-Out-Loud-Bewegung.

Weiterhin gehört zum Ursprung der Vorgehensweise, dass die Kollegialen Beratungen anhand eines festgelegten Ablaufmodells durchgeführt werden, das auch Beratungsungeübten hilft, qualifizierte Problemlösungen zu finden. Die Teilnehmenden erlernen dadurch eine professionelle Gesprächsführung sowie Problemlösungs- und Beratungskompetenz. Inhaltlich geht es dabei um das Durcharbeiten und die Reflexion von bedeutsamen Situationen und Fragestellungen aus der Führungs- und Arbeitspraxis der Teilnehmenden, die diese selbst einbringen. So führt eine Beratungssequenz von der Identifikation der Problemstellung über eine systematische Beschreibung der Ist-Situation zu praktikablen Lösungsansätzen, die eine hohe Umsetzungsquote nach sich ziehen. Der unmittelbare Nutzen der Beratung besteht also nicht nur in der teamorientierten Bearbeitung eines Problems, was in der Regel mit alternativen Sichtweisen und zusätzlichem Input einhergeht, sondern letztlich auch in dessen Lösung durch den Ratsuchenden.

Kollegiale Beratung ist keine Form von betrieblicher Psychotherapie und deutlich davon abzugrenzen. Sie hat ihren Ursprung zwar in der Gesprächstherapie, wurde aber zwischenzeitlich auf die Arbeitsform und die Bedürfnisse der „Klienten“ im Management angepasst. Sie ist also keine Spielwiese für Hobbypsychologen, sondern ein ernsthaftes Beratungsinstrument im Business.

2.2 Wertschöpfung und Nachhaltigkeit

Die Kollegiale Beratung bietet den Teilnehmenden die Chance, Themen, Fragestellungen und Probleme, für die im Tagesgeschäft oft keine Zeit bleibt, aus der Ablage oder Wiedervorlage zu nehmen und im Dialog und der Interaktion mit anderen zu bearbeiten. Die Wertschöpfung besteht also darin, dass der Freiraum des Beratungstages eine Beschäftigung mit Themen ermöglicht, die sonst eher liegen bleiben würden. Noch dazu entstehen Lösungsansätze, die in der Mehrzahl der Fälle auch zu einem befriedigenden Ergebnis und somit zur Verbesserung oder Beseitigung der Problemsituation führen. Das ergibt einen Mehrwert für den Ratsuchenden und einen Mehrwert für das Unternehmen.

Nachhaltig wirkt sich neben der Abarbeitung von aufgeschobenen Themen auch die immanente Qualifizierung der Teilnehmenden aus. Denn die erlernte und erfolgreich erprobte Methodik hilft, auch im eigenen Arbeitsalltag mit den Mitarbeitenden oder in anderen Teams zu Lösungen zu finden. Weiterhin steht die Kollegiale Beratung für einen Prozesse des sequenziellen Lernens und Weiterentwickelns. Während herkömmliche Führungstrainings meist punktuelle Maßnahmen sind, die so schnell nicht wiederholt werden, bietet die Kollegiale Beratung über die verschiedenen Jahrestreffen und einen Gruppenbestand von meist mehreren Jahren eine Kontinuität, die im Rahmen der Vertraulichkeit und der eingespielten Interaktion in den Gruppen zu einer hohen Effizienz der persönlichen Performance beiträgt. Bleiben bei einem herkömmlichen, zum Beispiel dreitägigen Führungstraining nur etwa zehn Prozent der Inhalte mittel- und langfristig wirksam, so ist der Anteil bei der Kollegialen Beratung signifikant größer. Evaluationen haben gezeigt, dass der Grad der Umsetzung von erarbeiteten Ideen bei über 60 Prozent liegt, der Grad der Adaption von Vorgehensweisen der Kollegialen Beratung ist noch weit höher.

Kollegiale Beratung hat sich im Vergleich zu herkömmlichen Führungstrainings als effizienter und nachhaltiger erwiesen. Der Umsetzungs- und somit Veränderungsgrad in der Organisation ist signifikant höher.

 

Neugierig geworden, wie Kollegiale Beratung abläuft und auf welche Weise sie dazu beiträgt, die Unternehmensziele zu erreichen? Das lesen Sie in 30 Minuten Kollegiale Beratung von Jürgen Nowoczin. Mehr über den Autor finden Sie auf der Website des Beratungsunternehmens now bildungsmanagement.

Jürgen Nowoczin

Jürgen Nowoczin war seit 1988 im Bereich Fortbildung, Organisations‑ und Personalentwicklung in verschiedenen (leitenden) Funktionen bei diversen Industrieunternehmen (u.a. Mannesmann, Siemens, Demag) tätig. Seit 2019 arbeitet er verstärkt als Vortragsredner und Seminarleiter und ist Senior Partner von now bildungsmanagement, einem Start‑up für die Beratung mittelständischer Unternehmen in allen Fragen der Personalentwicklung. Seit 1999 gibt er zudem als nebenberuflicher Lehrbeauftragter an verschiedenen Fachhochschulen seine Praxiserfahrung an Studierende weiter.